Natalia Bekassow ist seit November 2023 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie – Transnationalisierung, Migration und Arbeit tätig. Ihre Forschungs- und Lehrschwerpunkte umfassen Themen wie Migrationssoziologie, Transnationalismus, Flucht, Institution Schule, sowie Rassismus- und Diskriminierung. Ihr methodologischer Schwerpunkt liegt dabei auf qualitativer Sozialforschung. Vor ihrer aktuellen Tätigkeit war sie zwischen 2013 und 2021 am damaligen Lehrstuhl von Ludger Pries beschäftigt. Seit August 2021 promoviert sie zu dem Thema „Lebensverläufe von den türkeistämmigen und russischsprachigen Mediziner*innen im deutschen Gesundheitswesen: Das Verhältnis zwischen den (möglichen) Diskriminierungserfahrungen und deren Ankommensstrategien“ (Erstbetreuer Prof. Pries).
Wissenschaftliche Mitarbeiterin | Soziologie / Transnationalisierung, Migration und Arbeit
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Lebensverläufe von türkeistämmigen und russischsprachigen Mediziner*innen im deutschen Gesundheitswesen: Das Verhältnis zwischen den (möglichen) Diskriminierungserfahrungen und deren Ankommensstrategien
Der Beruf des Arztes gilt in Deutschland als einer der privilegiertesten. Das Institut für Demokratie Allensbach, das seit 50 Jahren das Ansehen bestimmter Berufe in der deutschen Bevölkerung erhebt, platziert den Beruf des Arztes mit deutlichem Abstand an der Spitze der Berufsprestige-Skala. Keine andere Berufsgruppe wird in Deutschland so konstant hochgeschätzt.
Trotz dieser hohen Wertschätzung gibt es in der sozialwissenschaftlichen Literatur im englischsprachigen Raum in den letzten zehn Jahren vereinzelte Hinweise darauf, dass Mediziner*innen mit Migrationshintergrund möglicherweise rassistischer Diskriminierung in ihrem beruflichen Alltag ausgesetzt sind (vgl. Larget 2018; Johnstone/Kanitsaki 2009; Bourke et al. 2019).
In Deutschland hingegen existieren nur wenige Studien zu Mediziner*innen mit Migrationshintergrund (vgl. Peppler 2016; Jansen et al. 2015; Birkner 2010). Trotz des geschätzt hohen Anteils von Mediziner*innen mit Migrationshintergrund wird das "Interkulturelle Gesundheitswesen" hauptsächlich aus der Perspektive der Patient*innen untersucht (vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung 2017; Gillessen et al. 2020; Blum/Steffen 2015; DEZIM 2023). Die Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen dieser Berufsgruppe wurden bisher im deutschsprachigen Raum noch nicht soziologisch untersucht, weder als Ganzes noch speziell für die untersuchten Gruppen.
Im Rahmen dieses Dissertationsprojekts wird das Ausmaß möglicher erlebter Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen von zwei potenziell unterschiedlich stark rassifizierten Untersuchungsgruppen statistisch erfasst und erforscht. Des Weiteren wird aus der Perspektive transnationaler Migrationsprozesse hinterfragt, in welchem Zusammenhang die Konstruktion von Identität und Zugehörigkeit sowie die Wahrnehmung von Integration und Ankunft zu möglichen Diskriminierungserfahrungen stehen.
Es handelt sich um eine Mixed-Methods-Studie, bei der die Kontextualisierung der quantitativen Forschungsergebnisse (Lime-Survey Befragung) durch die Ergebnisse der qualitativen Forschung (20 problemzentrierte Interviews) ein besseres Verständnis des untersuchten Problems ermöglichen soll. Dabei haben beide Methodenstränge gleiche Priorität: Sowohl die individuelle Perspektive ist von Interesse, beispielsweise wie sich die Auswirkungen von Diskriminierung und Rassismus in migrantischen Lebensperspektiven nachzeichnen lassen, als auch die aggregierte quantitative Ebene, also wie groß der Anteil derjenigen ist, die diskriminierende Erfahrungen in ihrem beruflichen Leben gesammelt haben.