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Die Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum trauert um
Prof. Dr. Walther Müller-Jentsch (28.11.1935-19.2.2025)

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende,

wir müssen Abschied nehmen - Abschied von einem langjährigen Kollegen unserer Fakultät. Walther Müller-Jentsch ist gestorben.

Der 1935 geborene Walther Müller-Jentsch studierte (nach Ausbildung und Abitur auf dem zweiten Bildungsweg) in Frankfurt am Main Soziologie, Politikwissenschaft und Nationalökonomie, wie auch an der London School of Economics and Political Science, u.a. bei Theodor W. Adorno, Jürgen Habermas und Ralph Miliband.

Nach dem Studium war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Frankfurter Institut für Sozialforschung tätig und betreute vorrangig industrie- und gewerkschaftssoziologische Projekte. 1982 wurde er als Professor für Sozialwissenschaft an die Universität Paderborn berufen.

Ab 1992 lehrte er als Professor für Soziologie in der Fakultät für Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, wo er den Lehrstuhl für Organisation und Mitbestimmung inne hatte.

Als Nestor der Industriesoziologie war er ein Kämpfer für Mitbestimmung mit einem reformerischen Blick auf die Arbeitswelt. Seine grundlegenden theoretischen Werke und praktischen Beiträge kreisen um Themen wie Konfliktpartnerschaft, Co-Management und industrielle Beziehungen.

2001 wurde er emeritiert.

Im Ruhestand steigerte er seine Produktivität noch: zahllose Veröffentlichungen, auch zu seinen Lieblingsthemen der Kunst- und Literatursoziologie zeugen davon. Noch vor etwas mehr als einem Jahr hielt er an unserer Fakultät einen spannenden Vortrag zu seiner jüngsten Veröffentlichung 'Adorno und andere'.

Bislang unbeachtet ist, dass er ein bedeutender (und stolzer) Autor der deutschen Wikipedia-Seite war. Zahlreiche Beiträge im Bereich der Soziologie zeugen von seinem pädagogischen Vermögen, Sachverhalte prägnant zusammenzufassen.

In seiner Bochumer Zeit und darüber hinaus blieb er der Arbeiterbewegung verbunden, als Mitglied des Gründungsvorstands der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets in Bochum gehörte er dem Vorstand von 1998 bis 2012 an und war in dieser Zeit Mitherausgeber der Schriften der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets.

Unsere Fakultät verliert einen profunden Kenner der soziologischen Theorie, einen warmherzigen Lehrenden, einen humorvollen Menschen, der den Kampf für eine gerechtere Einrichtung der Welt nie aufgegeben hat.

Wir gedenken seiner in aufrichtiger Anteilnahme.

Unser Mitgefühl ist bei seiner Familie.