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Projekt "Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite"

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft - DFG

Projektleitung:
Prof. Dr. Jörg Bogumil, Lehrstuhl für öffentliche Verwaltung, Stadt- und Regionalpolitik, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Lars Holtkamp, Lehrstuhl für Politik und Verwaltung, Fernuniversität Hagen
Prof. Dr. Martin Junkernheinrich, Lehrstuhl für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie, TU Kaiserslautern
Prof. Dr. Uwe Wagschal, Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre, Universität Freiburg

Mitarbeiter (Bochum): Marc Seuberlich, Falk Ebinger

Laufzeit: 01/2012 bis 12/2013

Projektskizze: PDF-Datei

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Inhalt des Projektes

Seit vielen Jahren befindet sich eine Vielzahl von Kommunen in Deutschland in einer tiefgreifenden Haushaltskrise. Die dauerhafte Abdeckung der Fehlbeträge im Verwaltungshaushalt durch Kassenkredite wurde bereits vor der Finanzkrise zu einem kommunalen Massenphänomen. In nur zehn Jahren bis zum Jahre 2009 haben sich die Kassenkredite der deutschen Kommunen auf insgesamt 34,4 Mrd. versechsfacht. Diese extreme Entwicklung gilt als das größte Problem in der kommunalen Haushaltspolitik. Allerdings sind nicht alle Kommunen gleichermaßen von der Haushaltskrise betroffen. Denn einigen Kommunen gelingt es auch in Zeiten ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung ihre Etats ohne Neuverschuldung auszugleichen. Es besteht also trotz der im Durchschnitt steigenden Verschuldung eine erhebliche Varianz der Haushaltssituation der Kommunen in Deutschland.
Der Forschungsstand in Politik- und Finanzwissenschaft zu den Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite hat sich in den letzten Jahren ausdifferenziert, weist aber nach wie vor Forschungslücken auf. Insbesondere fehlen Analysen zu kommunalen Haushaltsdefiziten im Bundesländervergleich, in der sozioökonomische, institutionelle und akteursbezogene Erklärungsvariablen theoriegeleitet und multivariat integriert werden. Auch wenn sich die Erkenntnis verbreitet, dass institutionellen und akteursbezogenen Erklärungsfaktoren eine größere Bedeutung zukommt als bisher vielfach vermutet, ist es empirisch nach wie vor unklar, welcher Erklärungsanteil auf die einzelnen Erklärungsfaktoren zurückgeht.
Die hierzu entwickelten Forschungsfragen lauten:

 

  1. Welchen Einfluss haben sozioökonomische und institutionelle Rahmenbedingungen sowie Interaktionsmuster und Handlungsorientierungen kommunaler Akteure auf die kommunale Haushaltssituation?
  2. Lassen sich die exogene Determiniertheit von Haushaltskrisen, der Rolle konkurrenz- bzw. konkordanzdemokratischer Entscheidungsmuster und den Einfluss der Haushaltsaufsicht auf die kommunalen Haushaltsdefizite nachweisen? Welche Interaktionseffekte zwischen den erklärenden Faktoren lassen sich isolieren?

Angeleitet wird dieses Vorhaben durch die Forschungsheuristik des Akteurzentrierten Institutionalismus. Methodisch wird eine bundesländervergleichende, qualitativ und quantitativ angelegte Querschnittsuntersuchung der Ursachen von Haushaltsdefiziten (gemessen an Fehlbeträgen und Kassenkrediten) angestrebt. Untersucht werden Kommunen mit über 5.000 bzw. 10.000 Einwohnern, für die ein Mix aus statistischen Aggregatdatenanalysen kommunaler Haushalte, schriftlichen Befragungen zentraler Entscheidungsträger und Fallstudien in ausgewählten Bundesländern ausgewertet werden soll. Die Komplexität des Untersuchungsgegenstands bedarf einer Aufteilung auf die vier beteiligten Projektpartner. In mehrmals pro Jahr stattfinden Treffen und Workshops sollen die vor Ort erzielten Ergebnisse gesammelt und einer im Sinn des Gesamtprojekt treffenden Form zusammengebracht werden.
Die Aufgabe der Bochumer Verbundprojektpartner ist die eingehende qualitative Analyse der zuvor dargestellten Forschungslücken anhand von Fallstudien im Bundeländervergleich. Neben der Dokumentenanalyse stehen qualitative Interviews der politischen Entscheidungsträger und administrativen Spitzen vor Ort im Mittelpunkt der Datengewinnung. Diese fungiert als zentrale Informationsbasis, mit denen die Befunde der beiden anderen Ebenen kontrastiert werden. Die Interviews werden zusätzlich für die Hypothesengenerierung verwendet, wodurch diese Ergebnisse an den Forschungsverlauf der quantitativen Untersuchungen rückgekoppelt werden kann.

Publikationen

  • Boettcher, Florian (2013): Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite: Eine finanz- und politikwissenschaftliche Untersuchung am Beispiel der nordrhein-westfälischen Gemeinde. Reihe Volkswirtschaft, Band 8. Berlin: LIT-Verlag.
  • Bogumil, Jörg/Ebinger, Falk/Holtkamp, Lars (2011): Vom Versuch, das Neue Steuerungsmodell verpflichtend einzuführen. Wirkungen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements in NRW. Verwaltung & Management - Zeitschrift für moderne Verwaltung, Heft 17 (4), S. 171-180. (PDF-Datei)
  • Seuberlich, Marc (2013): Haushaltskonsolidierung trotz widriger Umstände. In: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Zukunft der Kommunen - Wege aus der Schuldenfalle, S. 265-289.
  • Seuberlich, Marc (2013): Schuldenreduzierung trotz widriger Umstände - Eine vergleichende Analyse der Haushaltspolitik in sechs Großen Kreisstädten Sachsens. Vortrag, Symposium: Zukunft der Kommunen - Wege aus der Schuldenfalle, 13.11.2013, Hagen.